Selterswassermuseum – ein weltberühmtes Tröpfchen
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Bereits Goethe zeigte sich begeistert vom Selterswasser und soll 1797 verlangt haben: „Schicke mir doch vier Krüge frisches Selterswasser“. Und bis heute kann jeder mit dem Begriff Selters etwas anfangen. Es ist zum Synonym geworden für kohlensäurehaltiges Wasser. Es wird im Restaurant kein Mineralwasser bestellt, sondern Selters.
Auch wenn aus dem Brunnen in Niederselters heute kein Wasser mehr verkauft wird, gibt es dort im Selterswassermuseum viel zur Geschichte zu erfahren. Aufgrund von Corona ist das Museum zwar derzeit geschlossen, aber gerne nehme ich euch auf einen kleinen geschichtlichen Ausflug mit.
Fast 500 Jahre Geschichte
Wer mit dem Zug nach Frankfurt fährt, hat in Niederselters einen wunderbaren Blick auf den restaurierten Brunnentempel, ein Bau aus 1907. Doch die Geschichte reicht noch viel weiter zurück. Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahr 1536 und somit kann auf eine fast 500-jährige Geschichte zurückgeblickt werden. Weitere Quellen aus dem Landkreis erhielten erst viel später Bedeutung. So existiert das Selters aus Löhnberg-Selters erst seit 1888, aber dafür bis heute sowie die Quelle aus Oberselters, wo der Brunnen 1872 erwähnt wurde. Die Abfüllung von Selters in Niederselters endete 1999. Nur noch die Bewohner von Niederselters können sich dort ihren Haustrunk holen.
Das Selterswasser ist international bekannt, der Name existiert in vielen Sprachen. Der Export fand nach Nord- und Südamerika statt, in ganz Europa bis hin nach Asien. Die Hochzeit war im 16. Und 17. Jahrhundert, wo die Eigentümer das Wasser millionenfach in Steinkrügen aus dem Kannenbäckerland exportierten. Eine Zeit lang waren zwei konkurrierende Selters im Handel – das ursprüngliche, namensprägende Selters aus Niederselters, auch „Urselters“ genannt sowie das Selters aus Löhnberg.
Die Eigentümer der Quelle haben über die Jahrhunderte gewechselt. 1678 befand sich die Quelle im Besitz des Kurfürstentum Trier. Dieses ließ um die Quelle eine Parkanlage errichten und errichtete eine Manufaktur rund um die Quelle. Ab 1720 ist eine militärische Brunnenwache nachgewiesen, da es immer wieder territoriale Auseinandersetzungen zwischen dem Kurfürstentum und dem Herzogtum Nassau bestand. Von 1789 bis 1792 wurde sogar zum Schutz der Quelle eine Kaserne im Ort errichtet. Dieses beherbergt heute das Rathaus der Gemeinde Selters (Taunus).
Ab 1722 wird den Bürgern von Selters der Haustrunk rechtlich zugesichert, welcher bis heute gilt. Aufgrund von Corona ist dieser zwar derzeit ausgesetzt, aber sonst konnten sich die Einwohner drei Mal die Woche Wasser holen.
Wasserkrieg in der Region
Im benachbarten, damaligen nassauischen Oberselters brach 1784 eine Mineralquelle auf. Dies führte zum Rückgang der Wassermenge in Niederselters. Dies führte in den Folgejahren zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fürstentümern. 1794 ließ Nassau zunächst die Quelle anbohren und dann Kurtrier eine 800 Mann starke Militäreinheit mit zwei Kanonen vor Oberselters aufmarschieren und erzwang so das Zuschütten der Oberselterser Quelle. 1803 wurden beiden Orte nach Nassau-Weilburg eingegliedert und Oberselters öffnete seine Quelle wieder. Dies führte wiederum zu Auseinandersetzungen und einer erneuten Schließung der Quelle in Oberselters. Erst seit 1870 ist der Brunnen wieder geöffnet. Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Orten ist auch als Wasserkrieg in der Region bekannt.
Viele Jahre betrieben die Eigentümer auch einen Kurbetrieb an der Quelle, weshalb sie auch immer viel Geld in die Gestaltung um die Quelle steckten. Anfang des 19. Jahrhunderts verlagerten die Besitzer jedoch die Kurgäste nach Bad Ems und konzentrierten sich rein auf die wirtschaftliche Seite des Betriebes. Zu dieser Zeit befand sich die Quelle im Besitz von Preußen.
Bis 1871 war der Brunnen der umsatzstärkste in Deutschland, verlor dann aber nach und nach seine Spitzenposition. Nach dem zweiten Weltkrieg ging die Quelle in den Besitz des Landes Hessen über. In den 70 Jahren kaufte ein Privatunternehmen den Brunnen und dieser gelangte schließlich in den Besitz der Brauerei Binding. Da diese bereits eine Quelle besaß, investierte sie nicht mehr in Niederselters und legte diese still. 2001 erwarb die Gemeinde Selters den Brunnen und mit Unterstützung von Bund und Land restaurierte sie die Anlage.
In dem Museum gibt es nicht nur einen Einblick in die Geschichte des Brunnens selbst, sondern ebenfalls einen Einblick in ein Stück deutsche Wirtschaftsgeschichte. Es waren die „Brunnenmädchen“, die das Wasser abfüllten. Und auch wenn dieser Begriff eine Leichtigkeit suggeriert, handelte es sich doch um eine knochenharte Arbeit. Mit den wechselnden Besitzern wandelten sich ebenfalls die Prägungen auf den Steinkrügen, was im Museum sehr gut zu sehen ist. Zudem hat das Museum über 2000 Seltersflaschen, welche es im Handel gab und gibt.
Wenn die Besucher vor dem Brunnentempel stehen, sehen sie rechter Hand das ehemalige Magazin für die Steinkrüge. Zudem wollte die Gemeinde mit der Sanierung auch Leben in die Anlage bringen, so dass sie heute neben dem Museum und dem Raum für den Haustrunk auch eine Kinderkrippe sowie Räume für Festivitäten besitzt.
Wasser mit Heilwirkung
Doch neben der interessanten Geschichte könnte man sich fragen, was das Wasser so besonders war, dass selbst Goethe es danach verlangte?
Bereits 1581 bescheingte der Wormser Arzt Dr. Jakob Theodor Tabernae-montanus dem Wasser eine medizinische Wirkung. Prof. Dr. Remigius Fresenius nannte das Selterswasser den bekanntesten „Prototypen der wohlschmeckenden Säuerlinge“ und dieser Ruf erstreckte sich über die ganze Welt. Ein erfrischender Wohlgeschmack wird dem Wasser durch den natürliche Kohlensäuregehalt verliehen.
Es trug auch den Titel „König der Tafelwässer“. Die Fachwelt charakterisiert das Wasser als kalten, alkalisch-muriatischen Säuerling und er soll Wirkung bei Husten, Heiserkeit und Verschleimung zeigen. Auch soll es bei anderen Leiden eine gute Heilwirkung zeigen. Aus einer Wasseranalyse des Fresenius-Institutes aus 2009 geht hervor, dass das Wasser zahlreiche Mineralstoffe wie Sulfat, Natrium, Magnesium und Calcium sowie Spurenelemente wie Lithium, Zink und Fluorid enthält.
Das Selterswassermuseum ist zudem Geopunkt im Geopark Westerwald-Lahn-Taunus, denn dort gibt es einen weiten historischen Bogen zu erleben. Die Entstehung des wohlschmeckenden Säuerlings aus geologischer Sicht wird beschrieben wie auch die wirtschaftliche Geschichte. Die Besucher erfahren, warum der Niederselterer Mineralbrunnen einst den Namen „berühmter Gesundbrunnen Deutschlands“ trug.
Und so ende ich mit den Worten von Christian Wilhelm Hufeland, Arzt und königlicher Leibarzt: „Unter allen Mineralwassern ist wohl keines, was so allgemein auf dem ganzen Erdboden getrunken wird, als das Selterswasser.“ (1815)
Jetzt ist mir klar, weshalb unser Ortsmuseum in Mörschwil/Schweiz 7 guterhaltene Selters Tonflaschen ausstellen kann. Wie ich aus anderen Quellen erfahren habe, wurde in die leeren Tonflaschen wieder Wasser abgefüllt – gebrannte! Wir hatten in unserem Dorf mehrere Schnapsbrennereien.